Salzburger Erklärung Kommentar
Haben Sie die Salzburger Erklärung gelesen?
Das sollten Sie unbedingt tun. Die Salzburger Erklärung beinhaltet einen Appell an die Ärzteschaft, ihrem Ethos und ihrer Verpflichtung als Träger gesundheitlicher Verantwortung nachzukommen und für eine bessere Versorgung der Bevölkerung einzutreten. Wir meinen: Dass sich im österreichischen Salzburg 58 Teilnehmer aus aller Welt zusammenfinden und einen Aufruf an die internationale Ärzteschaft und an die Politiker verfassen, ist für uns weniger sensationell, wie die Tatsache, dass dieser Aufruf auch in Deutschland eine erste und scheinbar positive Resonanz gefunden hat. Darüber schreibt das Ärzteblatt unter …...
Was das Ärzteblatt so leichtfertig weitergibt, lädt uns zum Nachdenken ein: Wir finden die Salzburger Erklärung gut. Sie ist kein Aufruf, sondern ein Aufschrei und dieser Aufschrei möchten wir sogar gern als Kredo unserer Praxis übernehmen. Weil wir unsere Praxis, in der Zeit weit vor der Salzburger Erklärung, so geplant und ausgerichtet hatten, dass sie der Salzburger Erklärung 100% entspricht. Damit sind ein Teil der Ziele, die wir uns mit der Praxisgründung gestellt haben, hervorragend erklärt.
- Wenn sich für die Salzburger Erklärung Ärzte und andere Vertreter der Gesellschaft aus aller Welt engagiert haben, so finden wir unsere Meinung bestätigt, dass in der Medizin von heute, so wie sie gegenwärtig weltweit praktiziert wird, etwas grundsätzliches fehlt. Die Salzburger Erklärung zeigt uns, dass es anders werden soll.
- Die Gründung unserer Praxis für chronische Erkrankungen verstehen wir als Signalwirkung für alle Kollegen, weil wir Ärzte in der Pflicht stehen, eine Antwort auf die Frage zu finden, wieso alle chronischen Erkrankungen eine rapide wachsende Tendenz aufweisen - die Presse berichtet immer wieder davon.
- In unserer Praxis möchten wir eine Patientengruppe konsolidieren, die dank einer besonderen Zuwendung signifikant bessere Gesundheitsparameter aufweisen soll, als dies im Bundesdurchschnitt der Fall ist.
- Wichtig: Aus unserer Sicht kann das Problem mit dem ärztlichen Ethos in Deutschland nicht so gravierend sein, dass es plötzlich als erforderlich angesehen wird, an eine angeblich schief geratene ärztliche Moral zu appellieren. Wir Ärzte werden sicher damit nicht einverstanden sein, wenn man uns unterstellen will, dass wir gegenwärtig mit unserer moralischen Orientierung von dem Hippokratischen Eid bereits nach außen merklich abgedriftet seien sollen. Das eigentliche Problem möchten wir völlig anders formulieren:
In Deutschland liegt das Hauptproblem nicht bei der Moral der Ärzte, sondern im System der ärztlichen Versorgung. Der Konflikt mit der Salzburger Erklärung kommt automatisch schon dadurch zustande, weil diese Erklärung von dem einzelnen Arzt eine intensive und umfassende Beschäftigung mit dem Patienten und seinen Krankheitsbilder erfordert.
Wenn man diese Forderung auch nur annährend erfüllen will, muss man gleichzeitig die Tatsache überwinden, dass für manche Fachrichtungen die Wartezeit für qualifizierte ärztliche Untersuchung Monate, sogar Jahre beträgt. Dem deutschen Arzt fehlt es nicht an moralischen Vorsätzen, sondern vor allem an der nötigen Zeit, die er pro Patient aufwenden kann bzw. darf. Der Arzt in Deutschland, egal ob im Krankenhaus oder in der Niederlassung, ist in einem Versorgungssystem eingebunden, das die Gestalt eines Fließbands eingenommen hat. Um finanziell zu überleben, muss der Arzt von heute täglich eine Mindestzahl von Patienten regelrecht „durchschleusen“. Extra-Zeit für den Arzt, sich in jeder individuellen Krankheitssituation intensiv einzuarbeiten, den Patienten allumfassend zu informieren und ihn in die Entscheidungsfindung einzubinden, verbleibt ihm nicht. Zusätzlich muss der Arzt permanent von seiner Freizeit viel abzweigen, um sich selbst allseitig über alle Tendenzen weltweit zu informieren.
Fazit: In der Zwickmühle zwischen Arbeitszeit und Erholung, Freizeit und Familie, Weiterbildung und Entlohnung ist der Arzt in Deutschland multifaktoriell verhindert, die Salzburger Erklärung in die Tat umzusetzen. Sich stundenlang mit dem Krankheitsbild und mit der Persönlichkeit eines Patienten zu beschäftigen, kann nur im Rahmen einer Privatpraxis für Selbstzahler oder für Privatversicherte Patienten erfolgen. Für die Masse der Patienten bleibt die Salzburger Erklärung nur eine schöne IIlusion. Weiter lesen in „Therapie/Krankheiten"